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Helm eines türkischen Meldeläufers | Peikar
Inventar-Nummer 26-N-89

Urheberschaft

Unbekannt

Geografische Herkunft

Europa/Deutschland/Bayern/Augsburg?, Asien/Türkei

Datierung

Osmanisches Reich (1299 – 1922), 2. Hälfte 16. Jh.

Material

Helm: Kupfer getrieben, geätzt und feuervergoldet, Füllung der Federhülse: Holz, geschnitzt und bemalt, Futter: Seide

Maße

Höhe inkl. vorderem Aufsatz 33 cm | Höhe inkl. Montage 40 cm | Durchmesser 23,5 cm

Notiz

Die Bezeichnung Läufer, Meldebote oder Kurier verweist auf die sogenannten Pejks. Diese Eilboten waren eine besondere militärische Klasse, die von klein auf zu Boten der persönlichen Befehle des Sultans ausgebildet wurden. Seit dem 15. Jahrhundert existierend, bestand die Aufgabe der Pejks hauptsächlich in der innerstädtischen Kommunikation. Als Teil der Palastorganisation überbrachten sie in der Regel dringende Nachrichten und Erlasse des Sultans an die zuständigen Stellen in der Stadt und verkündeten die Rückkehr der Pilgerzüge von der Hadsch. Später erhielten die Pejks das Privileg, den Sultan bei Zeremonien zu begleiten, indem sie als Garde vor seinem Pferd marschierten. Da sie an der Seite des Sultans stationiert waren, trugen die Pejks geschmückte und prächtige Uniformen, die je nach Rang variierten. Zahlreiche Abbildungen aus dem 16. Jahrhundert zeigen die Pejks bewaffnet und mit hohen, vergoldeten Helmen wie diesem, die von Vogelfedern gekrönt wurden.
Der zylindrische, sich leicht nach oben verjüngende Helm aus vergoldetem Kupferblech ist in Form eines Derwischhutes getrieben. Sowohl die Helmglocke als auch die vorn angenietete Halterung für den Federbusch ziert reicher Ätzdekor in Form von mit Rankenwerk gefüllten Spitzmedaillons und schmalen Schriftbändern. Das Innere der Federhülse bildet ein Holzeinsatz mit Blumenmalerei auf vergoldetem Gipsgrund. Während die Kartuschen in den Spitzmedaillons sowie die Schriftbänder auf der Helmglocke neben religiösen Inschriften die Namen der ersten Sultane bis hin zu Süleyman dem Prächtigen (reg. 1520-1566) tragen, findet sich auf der Federhülse unter anderem die Schahāda – das muslimische Glaubensbekenntnis. Den Helmscheitel ziert ein rundes Medaillon mit einem achtzackigen Stern und Halbmond.
Die Art der Verzierung des Helmes, vor allem das Rankendekor in den Spitzmedaillons, spricht jedoch dafür, dass es sich bei dem Ätzdekor nicht um die Arbeit eines osmanischen, sondern eines wohl süddeutschen Meisters handelt. Ein weiterer Hinweis auf eine Herstellung oder Nachbearbeitung des Helmes außerhalb des osmanischen Reiches ist die Beobachtung, dass direkt neben der Federhülse zwei Ranken in sogenannten »Türkenköpfen« enden, was zwar typisch für die europäische Türkenmode, nicht aber für osmanische Arbeiten ist. Da es sich bei dem Helm offenbar um das einzig erhaltene Exemplar einer Kopfbedeckung der sogenannten Pejks handelt, lässt sich aufgrund fehlender Vergleichsobjekte nicht sicher sagen, ob er ursprünglich für die Sultansgarde oder aber im Rahmen der Türkenmode für einen europäischen Auftraggeber hergestellt wurde. Als Ort für die Nachbearbeitung des Helmdekors käme Augsburg infrage, da insbesondere das Rankenwerk an die Augsburger Harnische aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erinnert. (A. Mittertrainer, 20.12.2021)

Provenienz

Bayerisches Nationalmuseum
Geschenk 1926